MATTHIJS VERMEULEN

Componist, schrijver en denker

19471108 Otto Maag - National-Zeitung aan Matthijs Vermeulen

Otto Maag (National-Zeitung Basel)

aan

Matthijs Vermeulen

 

Basel, 8 november 1947

 

Basel, den 8. November 1947

Sehr geehrter Herr Kollege,

wie Sie aus der Beilage ersehen, habe ich in meiner jeden Sonntag erscheinenden Rubrik "Kulturspiegel", die sich seit 1933 den Kampf gegen den Nazismus zur besonderen Aufgabe gemacht hat, Ihren Aufsatz über die Metamorphosen von Richard Strauss in der Nummer vom 25./26. Oktober nachgedruckt. Darauf ist der Musikkritiker der Neuen Zürcher Zeitung, Dr. Willi Schuh, in der von ihm redigierten Schweizerischen Musikzeitung über mich und ganz besonders noch über Sie hergefallen, wie Sie aus der zweiten Beilage, die ich gelegentlich zurückerbitte, ersehen mögen. Mein Kollege von den "Basler Nachrichten" hat diesen Aufsatz sofort nachgedruckt. Ich habe, wie Ihnen die dritte Beilage, der "Kulturspiegel" vom heutigen Datum zeigt, das Geschwätz nicht unerwidert gelassen. Es liegt mir daran, dass Sie von diesen Dingen Kenntnis bekommen. Ich finde es eine Schande, dass dieser alte Gauner jetzt in London gefeiert wird, als ob er der liebe Gott selber wäre, und dass die Gesänge zu seinem Ruhm in dem offiziellen Programmheft mit dem wie Hohn klingenden Satz anfangen: After many years of retirement Richard Strauss appears again in public.

Dr. Schuh, der sein zorniges Leder gegen uns gesprüht hat, ist der offizielle Biograph von Richard Strauss und als solcher auf Einladung der Reichskulturkammer des Herrn Goebbels auch während des Krieges verschiedentlich in Deutschland und Oesterreich gewesen.

Es ist leider so, dass man auch hier in der Schweiz am liebsten einen Strich unter die gesamte Vergangenheit machen und auch sämtliche Schmutzfinken, so z.B. den Lehar, sobald sie beliebt sind oder etwas können, wieder mit offenen Armen aufnehmen, während alle diejenigen, die aus demokratischer Ueberzeugung das Dritte Reich verlassen und in der freien Schweiz eine Zuflucht gesucht haben, nur mit schwerster Mühe Aufenthaltsverlängerungen bekommen. Dies Letztere, bitte vertraulich. Ich möchte nicht in der Oefentlichkeit eines fremden Landes als Ankläger meines eigenen erscheinen; ich besorge diese Anklagen hier schon deutlich genug.

In kollegialer Hochschätzung

Ihr sehr ergebener,

Otto Maag

 

Beilagen

 

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